Mit Geir hatte ich abgesprochen, dass wir uns 10:30 Uhr in Silpollen an seinem Boot treffen. Er musste noch ein Ersatzteil kaufen und einbauen, so dass er heute erst sehr spät aufbricht. Das kommt uns durchaus entgegen.

Draußen ist Sch…..wetter! Sicht gleich Null und es schneit – aber zum Glück kaum Wind. Ansonsten hätte uns Geir nämlich nicht mitgenommen. Wenn man auf die Lofoten kommt und nur dieses Wetter hat, dann verlässt man die Inseln in dem Glauben, es wäre Flachland. Bislang hatten wir also schon eine Menge Glück. Das wird mir heute Morgen so richtig bewusst. Wir hätten auch genausogut drei Tage in dieser Suppe verbringen und im Internet nachlesen können, welche Polarlichter wir gesehen hätten wenn …

So machen wir uns um 10 Uhr auf den Weg. Geir hatte zuvor geschrieben, wir könnten direkt kommen. Offenbar war die Reparatur früher beendet. Pünktlich 10:30 Uhr treffen wir bei Geir ein, nachdem wir zuvor ein paar hundert Meter zu früh geparkt hatten und erst auf dem Steg gemerkt haben, dass es gar nicht Geir war, der da seine Netze auf dem Boot sortierte. Also, just in time am und auf dem Boot.

Ich glaube J ist ziemlich gespannt, was ihn erwartet. Das Boot ist sehr klein und wir suchen uns erstmal einen Platz, an dem wir nicht stören. Es ist still bis auf das Tuckern des Diesels. Fast Windstille und das Wasser liegt völlig glatt und zu Beginn noch mit dünnen Eisschollen bedeckt da. Gut 10 Minuten fahren wir bis zum ersten Netz. Geir markiert die Positionen seiner Netze am Vortag immer auf seinem Tablet und steuert sie so absolut zielsicher via GPS an.

Nun beginnt die Arbeit. Nicht für uns, aber für Geir. Das erste Netz besteht aus zehn einzelnen Netzen je 30 Metern Länge. Dreihundert Meter wollen also eingeholt werden. In ca 15 bis 20 Metern Tiefe hat er sie am Vortag ausgelegt. Das Wasser ist hier deutlich weniger tief als vor 4 Jahren im Raftsund. Dort waren es 80 bis 100 Meter. Der Vorteil ist, dass Geir heute nicht eine einzige Krabbe aus seinen Netzen entfernen muss. Letztes Mal gingen locker 2/3 der Zeit nur dafür drauf.

Anfangs kommen nur kleine Fische zu Tage, die J mit seinen Fischerhandschuhen direkt wieder ins Wasser befördert. Sie sind ein perfekter Köder für die Seeadler, die es hier reichlich gibt. Gestern hatten wir ja bereits einige beobachten können. Es dauert gar nicht lange, bis der erste sich blicken lässt und direkt vor unseren Augen die leichte Beute aus dem Wasser holt. Ich ärgere mich nun doch etwas, dass ich nur das 50 mm Objektiv auf die Kamera gebaut und die längeren Brennweiten im Auto gelassen habe. Aber für 50 mm und ein wenig Auschnittvergrößerung können sich die Fotos eigentlich schon sehen lassen.

   

Inzwischen kommen auch größere Dorsche (codfish) aus dem Netz. Wir machen ein erstes Foto wie J einen auf dem Arm hält. Allerdings wird kurze Zeit später ein neues Foto fällig, da ein deutlich größeres Exemplar sich natürlich viel besser auf dem Foto macht. In der Hauptsaison des Kabeljaus ab Mitte/Ende Februar sind die Fische in der Regel 3-4 mal so groß.

  
Das erste Netzt neigt sich dem Ende. Noch einige Male kommt der Seeadler vorbei. Drei Adler sitzen auf einer kleinen Insel und lassen sich von uns gar nicht stören. Nachdem das erste Netz eingeholt und gleich wieder ausgelegt ist fragt Geir, ob wir zurück möchten. Ein echter Vorteil, jetzt wo seine Anlegestelle so nah ist.  J beschließt aber noch ein weiteres Netz mitmachen zu wollen. An dieser Stelle hätte ich in der Nachbetrachtung wohl widersprechen sollen. Die Zeit wird dann nämlich doch sehr lang und J zunehmend kalt. Schließlich sind seine Füße trotz Bergschuhen und dicken Socken taub vor Kälte und auch alles Andere ist kurz vorm Einfrieren. Aber jetzt muss bis zum Ende des 12- Längen Netzes ausgehalten werden. Man kann halt nicht zwischendrin aufhören.

Heimlich wünschen wir uns ab jetzt ein leeres Netz. Das dürfen wir Geir natürlich nicht sagen. Aber dann ginge es deutlich schneller. Die zweite Tonne ist zwischenzeitlich auch voll und nach knapp drei Stunden auf dem Wasser ist es dann geschafft und wir treten mit rund 200 kg Fisch die Rückfahrt an. Geiß muss natürlich nochmals raus und das dritte Netz einholen. Es ist wirklich toll, dass er uns von vornherein angeboten hat, uns zwischendurch zurück an Land zu bringen.

Wir verabschieden uns mit dem Vesprechen, sofern wir im Sommer wiederkommen, eine Flasche Cognac mitzubringen. J will nur noch ins Auto und stellt die Sitzheitung auf die Höchste Stufe.
Der Nebel hat sich mittlerweile gelichtet und als wir gegen 14:00 wieder in Svolvær sind, schaut sogar ab und an die Sonne durch die lichtere Wolkendecke. Dennoch verbringen wir die Zeit mit Kochen, essen, gammeln und quatschen. Um ca. 17:30 ziehen wir alles an, was wir mitgenommen haben. Gemeinsam mit dem Schweizer Studenten haben wir uns vorgenommen, auf Nordlichtjagd zu gehen. Wir fahren aber mit zwei Autos, denn möglicherweise fahre ich mit J früher zurück.

Es ist nun fast komplett dunkel und wir fahren erneut nach Gimsøya. Hier ist es so ziemlich maximal dunkel bei gleichzeitig freiem Blick nach Norden. Da wir ja nicht wissen, ob und welcher Intensität etwas zu sehen sein wird, ist das aus meiner Sicht eine gute Wahl. Sollten uns extrem starke Lichter überraschen, können wir immer noch problemlos nach den ersten Fotos andere Plätze mit vielleicht spannenderem Bildvordergrund suchen.

Aber – zunächst einmal bleibt der Himmel komplett dunkel. Wir stapfen gemeinsam durch den Schnee und finden zwei schöne Stellen für spätere Fotos. Leider ohne Wasser im Vordergrund, denn es ist völlige Ebbe und kein Wasser weit und breit zu sehen. Wie man an den großen Felsen mit schneebedeckter Kuppe erkennen kann, beträgt der Tidenhub hier deutlich über 2 Meter.

Wir beschließen, zunächst zurück zum Auto zu gehen und uns aufzuwärmen, denn die Nacht kann unter Umständen ja noch lang werden. An unserem Suzuki kann man leider nicht den Motor laufen lassen, ohne dass das Licht eingeschaltet ist. Da wir Demian in seinem Auto nicht ständig blenden wollen, drehen wir noch eine Runde und finden einen schönen Platz zum Warten.

Als ich meine, einen ersten Schimmer von Nördlicht zu sehen, fahre ich zurück zu unserem gemeinsamen Parkplatz. Beim Aussteigen ist das Polarlicht deutlich als grüner Bogen über dem gesamten Horizont zu erkennen. Demian ist inzwischen wohl bereits zum Fotografieren aufgebrochen. Da J aber zunehmend müde wird, beschließen wir keine 50 Meter vom Auto entfernt zu bleiben und finden auch dort einen schönen Platz für Fotos. Wie man sieht ….

   
 
Ziemlich zu Beginn wird das Licht auch stärker, so dass mir ein paar schöne Fotos gelingen. Es ist ist völlig entspannt, wenn man zuvor schon sehr starkes Polarlicht gesehen hat und keinen Stress hat, auch ja das richtige Foto zu machen. So können wir einfach nur genießen.

Zweimal machen wir noch kurze Pause im Auto, um dann erneut nach draußen zu gehen. Bei der letzten Pause schläft J binnen Sekunden ein. Ich habe versprochen, ihn zu wecken, falls nochmals helleres Polarlicht entstehen sollte. Ich mache mich auf den Weg zurück nach Svolvaer und fahre noch ein paar Kilometer weiter. Dort hatte ich am Tag eine Stelle entdeckt, an der sich schöne Fotos machen lassen sollten – ordentliches Nordlicht vorausgesetzt. Aber es ist nun fast nichts mehr zu sehen und so treffen wir gegen kurz nach Mitternacht im Kunstnerhuset ein. J bekomme ich kaum aus dem Auto ins Bett. War wohl etwas anstrengend der Tag …